Die Pinsel sind da und trotzdem laufe ich wie Falschgeld im Atelier umher. Ich könnte jetzt endlich anfangen. Aber… mit WAS fange ich an? Wie fange ich an?

Nutze die Zeit, Katja! Das geht mir seit der Zusage für den Aufenthalt auf Skye durch den Kopf. Natürlich habe ich Vorstellungen. Ich habe einige Ideen, aber trotzdem muss ich erst mal in Gang kommen.

Ich möchte was ändern, lockerer werden, was Neues ausprobieren und, und, und. Die Ungeduld, mein größter Feind, sitzt mir im Nacken. Am besten ich fange erst mal an zu malen, einfach malen, ohne groß nachzudenken.Oft ist es bei mir so, wenn ich eine Zeit lang nicht gemalt habe, ist dies der beste Weg, um wieder in den „Flow“ zu kommen.

Also mische erstmal Farben. Das beruhigt.

Dann nehme ich eine Leinwand und fange mit dem malen an. Ohne eine Idee zu haben, was hinterher auf dieser Leinwand zu sehen ist.

Doch nach einiger Zeit werfe ich den Pinsel hin und verlasse frustriert das Atelier.
Wie gut das Wochenende ist, so dass wir uns am gleichen Tag auf Erkundungstour begeben können. Das sollte mich etwas ablenken und auf neue Gedanken bringen.

Die gefundenen Pinsel aus dem Baumarkt waren wirklich nur ein absoluter Notnagel und kein guter Ersatz. Sie sind letztendlich nur für Experimente gut. Einige Pinsel habe ich mittlerweile etwas verändert um sie z.B. für besondere Effekte zu verwenden. Selbstgemachte Spezialpinsel sozusagen.

Als nächstes fiel mir ein, dass ich die Künstlerin Nikki Monaghan anschreiben könnte und sie fragen, ob es hier in UK eine Möglichkeit gäbe schnell Pinsel zu bestellen.

Nikki Monaghan haben wir auf unserer ersten Reise nach Schottland im September 2022 besucht. Ich hatte sie Anfang des Jahres auf Instagram entdeckt und angeschrieben. Ich mag ihren farbenfrohen Malstil und Ihre vereinfachte Darstellung der Dinge. Ihre Bilder strahlen soviel Lebensfreude aus, dass ich immer wieder gerne auf Ihre Internetseite gehe, um zu sehen was Nikki neues gemalt hat. Website

Nikki Monahgan

Sie nannte mir zwei Optionen, wo ich recht schnell Pinsel bestellen könnte. Dies habe ich dann auch gemacht. Doch bis dahin musste noch eine weitere Möglichkeit in Betracht gezogen werden.

Deswegen sind wir am Samstag eine Stunde nach Kyle of Lochalsh aufs Festland gefahren. Dort habe ich über das Internet ein kleines Geschäft für Künstlerbedarf gefunden. Es war wirklich ein sehr kleiner und feiner Geschäftsraum. Crate Art Shop. Sie hatten einiges was ich für meine Malerei gebrauchen konnte.

Dank Nikki und einem freundlichen, kleinen Fachgeschäft nahe der Isle of Skye, wurde ich aus meiner Notlage gerettet. Glücklich und voller Tatendrang fuhren wir zurück zum Admiral’s House.

Am Vormittag hatte ich das Atelier eingerichtet. Wie ich geschrieben hatte, schwelgte ich im totalen Glück.

Also ging ich am Nachmittag voller Elan ins Atelier. Bereitetet die Farben und die Staffelei vor.
Wasser zum Malen stand bereit. Ich konnte loslegen. Ach ja, die Pinsel…

Wo sind die Pinsel? … in der Kiste? Nein, … die andere, auch nicht.. die ist leer. Hm, in der Tasche da hinten im Eck. Nein. Ich überlegte… Es war doch alles ausgepackt…
… und dann der Schlag.

Die Pinsel sind in der Reise-Staffelei die ich beim Packen zu Hause gelassen hatte, weil das gesamte Gepäck zu viel war.

Ich sank zusammen, schlug mit den Fäusten auf den Boden und schrie und weinte vor Wut. Wie doof kann man sein. Alles war bis ins Detail geplant und dann mache ich in der letzten Packaktion diesen gravierenden Fehler. Lasse die Staffelei zu Hause und schaue nicht mehr in den Staffeleikoffer. Die Pinsel, dass wichtigste Werkzeug zum Malen.

Wie hypnotisiert ging ich in Haus zurück. Ray arbeitete. Ich stellte mich neben Ihn, schaute Ihn an. Ich bekam kein Wort raus. Nur die Tränen liefen mir nur so an den Wangen runter. Ray fragte besorgt was los sei… nach einer Weile konnte ich es aussprechen. Ich habe die Pinsel in Speyer vergessen….

Wie gut ist es, wenn man nicht allein ist und einen Menschen bei sich hat, der einen in den Arm nimmt, beruhigt. Tee, eine Tasse Tee. Zur Beruhigung und dann bedacht und ruhig nach einer Lösung suchen.

Der erste Weg an diesem Tag ging in ein kleines Bauhaus in Portree. Ich dachte, wenigstens irgendwas außer meinen Fingern, damit ich die Farbe auf die Leinwand bringen kann.

Im Einkaufswagen befanden sich Malerpinsel und Handwerkerspachtel. Besser als gar nichts dachte ich.

Die Ausbeute aus dem Baumarkt 🙁

Wie im vorherigen Beitrag bereits erwähnt, war ich vom „Lady Joan’s studio“ verzaubert. Also entschied ich mich hier meine „Zelte“ aufzuschlagen.

Nachdem wir alle Kisten ins Atelier gebracht hatten, fing ich an mein Atelier einzurichten. Es regnete, aber das macht den Blick aus dem Atelier nicht minder schön. Im Gegenteil. Durch das große Fenster ist jede Wetterlage ein Schauspiel. Ich kann mich gar nicht satt sehen. Nach jeder kleinen Räumaktion halte ich inne und verweile mit dem Blick durch das große Fenster nach draußen.

Immer wieder kommen mir die Tränen, weil ich mein Glück nicht fassen kann. Ich bin glücklich!

Danke Ray

Kurz vor Portree geht eine kleine Straße rechts ab. Es ist eine „Single Track Road“. Wenn man diese Straßen fährt, hat man das Gefühl, man fährt wie auf einem geteerten Feldweg in Deutschland. An diesen Straßen sind „Passing zones“, also „Ausweichstellen“. Es ist schon ein abenteuerliches Fahren, aber man gewöhnt sich dran.

Nach einer gefühlten Ewigkeit haben wir „The Admiral’s House“ gefunden.
In Lower Ollach, geht es über eine kleine Buckelpiste, gezäumt von großen Schlaglöchern von der Straße bis zum Admiral’s House.

Ich nehme meine Befürchtung zurück, dass es hier sehr einsam ist und ausschließlich Ferienhäuser um uns herum sind. Nein, wir haben Nachbarn. Die Häuser sind bewohnt. Wenn ich aber von Nachbarn rede, sind zwischen uns große Grundstücke.

Die Unterkunft und die Ateliers liegen wirklich sehr schön.

Nachdem wir das Haus bezogen hatten, erkundeten wir das kleine aber feine Grundstück. Das Haus selbst liegt geschützt und direkt dahinter geht es in den Garten zu einer kleinen Anhöhe. Von dort aus hat man einen wunderschönen Blick zur „Isle of Rassay“ und raus aufs Meer.

Hier steht das dritte Atelier. Es ist ein „Tiny-Haus-Raum“ mit einem großen Fenster zum Meer gerichtet. Allein der Blick durch das Fenster zeigt ein wunderschönes Bild.

Eigentlich hatte ich mich für das „Admiral’s Roddy’s studio“ angemeldet, aber als ich das andere Atelier gesehen hatte, war ich verzaubert und entschied mich dieses Studio zu nehmen.

by Katja Meier-Chromik

Nach der entspannten Überfahrt mit der Fähre waren wir in Newcastle angekommen und quer durch Schottland auf die Isle of Sky gefahren.

Ab Perth ist es eine wirklich wundervolle Strecke durch die Highlands. Die meisten Hauptstraßen sind wie Landstraßen in Deutschland. Es geht gemütlich voran.

Man möchte auch nicht schneller vorankommen, da die Landschaft so atemberaubend schön ist. Ich hätte die ganze Zeit nur Fotos machen wollen, aber nur, weil ich dachte, diese schönen Landschaftsbilder kann ich nicht alle in meinem Kopf speichern 😉 Also habe ich kaum Fotos gemacht, um mich ganz und gar auf Landschaft einzulassen.

Vielleicht kennt Ihr das auch: Man bereitet eine Reise vor und hat wahnsinnig große Vorfreude. Man kann die Zeit garnicht schnell genug herbeisehnen bis es endlich losgeht. Planung und große Vorfreude beherrschen die Stimmung und das Auto ist bis oben voll gepackt.

Doch dann die letzte Nacht vor der Abfahrt, da schleichen sich Unsicherheit und auch kleine Ängste bei mir ein. Fragen über Fragen. Habe ich alles eingepackt und nichts vergessen?! Ich gehe die Liste gedanklich durch … nachts, wo ich doch eigentlich schlafen sollte um gut ausgeruht für die Reise zu sein.

Dann die Frage, wie wird es sein. Ray und ich sind alleine in einem Haus, einige Meilen von Portree entfernt. Die paar wenigen Häuser um uns herum sind Ferienhäuser und in der Zeit eher nicht bewohnt. Verrückt denke ich – wir sind verrückt, dass in dieser Zeit zu tun.

Mittlerweile sind wir im Niederländischen Fährhafen Ijmuiden angekommen, auf der Fähre Amsterdam-Newcastle eingecheckt und haben unsere Kabine bezogen.

Die Freude, jetzt endlich unterwegs zu sein, hat die Ängste bei Seite geschoben. Jetzt hoffen wir nur, dass wir die dezent bereitgelegten Tüten nicht benötigen werden 😉